Die Stille war manchmal schwerer als die Uniform selbst _de86

Die Stille war manchmal schwerer als die Uniform selbst.
Während das Fahrzeug über den schlammigen Weg ratterte, blickte der Soldat zur Linie des Horizonts, wo Erde und Himmel in einem endlosen Grau zu verschmelzen schienen.

Er schaute auf nichts Bestimmtes.
Vielleicht, weil alles um ihn herum sich zunehmend ähnelte:
der Schlamm, der eisige Wind, die leeren Felder … und diese Müdigkeit, die selbst im Schlaf nicht mehr wich.

Sie waren seit Tagen marschiert.
Das Dröhnen der Motoren, die gebrüllten Befehle, das ferne Echo des Frontfeuers …
All das gehörte längst zum gewohnten Klangbild.
Doch in diesem kurzen Augenblick, auf der Ladefläche des Fahrzeugs, hörte er nur seinen eigenen Atem unter dem Stahlhelm.

An seinem Gürtel trug er eine Munitionskiste für das MG – kalt wie das Metall, das sein Leben nun bestimmte.
Er war der MG-Helfer.
Eine Rolle, die keine Ehre versprach, aber ständige, stille, unverzichtbare Präsenz verlangte.

Für einen Moment dachte er an den Brief, den er nie zu Ende geschrieben hatte.
Jeder Satz schien zu gefährlich, zu endgültig, zu wirklich.
Vielleicht hatte er ihn deshalb unvollendet zwischen die Seiten eines abgenutzten kleinen Notizbuchs gelegt.

Um ihn herum sagte niemand ein Wort.
Jeder Soldat reiste in seinen eigenen Gedanken, an einer Front so weit und endlos, dass man darin verschwinden konnte, ohne eine Spur zu hinterlassen.

Das Fahrzeug sprang leicht, als es ein Schlagloch überfuhr.
Der Soldat griff fester nach seinem Gewehr und richtete den Blick erneut auf den Horizont.
Er wusste nicht, was sie erwartete: ein niedergebranntes Dorf, ein sowjetischer Gegenangriff oder einfach nur eine weitere schlaflose Nacht.

Doch für einen Moment — nur für einen —
erlaubte er sich, an etwas anderes als den Krieg zu denken.
An ein fernes Zuhause.
An eine Stimme, an die er sich kaum noch erinnerte.
An eine Zeit, die einem anderen Leben zu gehören schien.

Und der Weg zog sich weiter, endlos, so wie der Krieg.

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